36 - Emma hat genug
Ich hatte genug
lange darauf gewartet, dass Gian sich Zeit für mich und Lena nehmen würde… immer
vergebens! Wenn er doch einfach sagen würde, dass wir ihn gar nicht
interessieren, dann hätte ich mein Leben schon lange in andere Bahnen lenken
können… Oder wollte er genau das verhindern und vertröstete mich deshalb immer
wieder auf später? Belog er mich deshalb, weil er sich vor meinen Konsequenzen
fürchtete, die ich aus der Wahrheit ziehen könnte? – Eigentlich war es mir
inzwischen egal, ob er es aus Dummheit oder mutwillig tat, was ich aber
dringendst musste, war mich aus dieser Abhängigkeit befreien!
All meine Worte und Briefe an
Gian konnten nichts ändern, sie machten es nur noch schlimmer für mich, da sie
nicht einmal erwidert wurden! Die Last blieb auf mir und drohte mich
wortwörtlich zu erdrücken... Das Leben erschien mir sinn- und hoffnungslos und
bevor ich mich in meine Isolation vergraben und aufgeben würde, musste ich noch
einmal alles versuchen - auch Dinge, die ich unter ‘normalen‘ Umständen nicht
tun würde… Ich hatte einfach genug davon meinen Fokus auf einen Mann zu legen,
der nichts mit mir teilte! - Wie kam ich nur darauf mein Leben auf Gian zu reduzieren?
– War es aus Angst das zu verlieren, was ich gar nicht hatte???
Der Wille ist eine fixe Idee und lässt uns oft nichts anderes sehen, als
das was wir anstreben… Mir wurde bewusst, dass je mehr ich mich nach Gians
Liebe sehnte, desto enttäuschter war ich, dass er sie mir nicht geben konnte.
Und je unerreichbarer mein Ziel (eine intakte Partnerschaft) mir erschien,
desto mehr ersehnte ich es… - Erreichen wir zu viel, oder in andern Worten: Ist
es eine Selbstverständlichkeit, dass wir unseren Willen durchsetzen können?
Hatte ich deshalb Mühe, die Grenzen meiner Willenskraft zu respektieren? –
Egal, ob ich es nun verstand oder nicht, es war höchste Zeit eine andere
Software zu installieren!
Nach meinen Erfahrungen mit Unverständnis und Ablehnung durch Gian,
brauchte es etwas Überwindung mich anderen Menschen zu öffnen. Bald aber
entdeckte ich, dass viele Leute gerne mit mir zusammen waren und dass meine
Gedanken als genial betitelt und nicht als Hirngespinste abgetan wurden! Das
erweckte meine Lebensgeister immer mehr… Ich begann auch über meine Probleme
mit Gian zu sprechen und sie wurden immer kleiner, bis sie nicht mehr
lebensbestimmend waren. Erst als ich loszulassen begann und ein Leben
ausserhalb der von mir fokussierten Partnerschaft zuliess, wich mein Schmerz
und meine Sehnsucht… Plötzlich betrachtete ich alles mit Abstand und von aussen
- das war eine bedeutend andere Perspektive als wenn ich mich als hilfloses
Opfer fühlte! Diesen Schritt hatte ich mental bereits x-mal vollzogen und nun
hatte ich es endlich auch in Realität geschafft: Das Spotlight, das sein ganzes
Licht zu lange auf eine tote Partnerschaft geworfen hatte, wurde nun auf das pulsierende
Leben gerichtet…
Nun konnte Gian mich so mies behandeln, wie er wollte - ich bezog seine
Handlungen nicht mehr auf mich, sondern betrachtete sie als seine Unfähigkeit…
Ich machte es nicht mehr zu meinem Problem, wenn er Fehler nicht eingestehen konnte
und mich abschätzig als typische Lehrerin hinstellte, die immer Recht haben
will, nur um von sich abzulenken und nichts ändern zu müssen… Wenn er mich ignorierte
und mich keines Blickes würdigte, konnte ich es zwar auf die leichte Schulter
nehmen, wenn ich jedoch wieder mit ansehen musste, wie er anderen übertriebene
Aufmerksamkeit schenkte, schmerzte es doch! Anstatt mich aber von meinem
Schmerz betäuben zu lassen, schüttelte ich ihn ab und liess weder Selbstmitleid
noch Mitleid aufkommen… Ich nahm mein Herz, das von ihm weder gewürdigt noch
sanft behandelt wurde, bewusst zurück und entzog mich somit der Abhängigkeit...
Meine Energien blieben bei mir und begannen wieder zu fliessen… Ich befand mich
in meiner Mitte und stellte mit Schrecken fest, dass ich mich selber fast
ruiniert hatte nur um solch ein Leben aushalten zu können! Nun hatte ich
definitiv genug davon nach Aufmerksamkeit zu ringen und mich als nichts behandeln
zu lassen!
Und doch
bemitleidete ich ihn immer wieder, weil er sich nicht ausdrücken und mitteilen
konnte, bis ich bitter erkennen musste, dass er sich mit vielen andern doch unterhalten
konnte… Vor allem machte mich sein Machogehabe wütend: Wenn ein Mann etwas sagte,
das ich bereits Jahre zuvor gesagt hatte, dann war es plötzlich eine gute Idee und
wahr – keines meiner Hirngespinst mehr! Gian war ein Patriarch, denn die Meinung von Frauen
und Kinder waren in seinen Augen nichts wert, und er prahlte sogar damit, mit seiner Mutter jeweils nur 3 Worte
gewechselt zu haben, wenn er bei ihr zum Mittagessen eingeladen war: Hallo –
gut (Antwort auf die Frage, wie das Essen war) – tschüss… Mir graute vor dem
Gedanken, aber es dämmerte mir immer mehr, dass es in die genau gleiche
Richtung lief, denn wenn ich mich nicht um eine Unterhaltung bemühte, gab es
gar keine…
War es meine Erwartungshaltung, die mich festhielt? Oder meine
Ambivalenz, Dinge zu verstehen und akzeptieren, die mir nicht gut tun? - Wie
auch immer, ich litt darunter und nur schon deshalb musste ich etwas ändern! Mir
wurde bewusst, was mein grösstes Handicap war, und somit konnte ich es angehen:
Mir widerstrebte, anders handeln zu müssen als ich eigentlich war… und ich
musste lernen mich selber an die erste Stelle zu setzen!
Glücklicherweise
drängte etwas in mir immer wieder nicht aufzugeben, obwohl mir der Tod oft als
einzige (Er-)Lösung erschien… Ich musste nochmals aufstehen und es versuchen,
denn schliesslich lebte ich in einer Zeit, in der mir mehr Möglichkeiten offen
standen als noch vor 50 Jahren, als die Emanzipation sich aus der
patriarchischen Macht zu befreien begann... Heute war es kaum noch möglich eine
Person einfach in ein Irrenhaus abzuschieben und gleiche Rechte für alle war
bereits in den Köpfen, wenn auch noch nicht überall gelebt... Ich musste die
Vergangenheit loslassen (was oftmals schwierig erschien, weil sie mich immer
wieder einholte) und mich auf meine Zukunft konzentrieren.
Nichtsdestotrotz betrachtete
ich nichts als vergeblich oder schade um die Zeit, denn ich hatte viel gelernt!
Zudem hatte ich immer die Wahl zu entscheiden und tat das auch im Rahmen des Möglichen
und Sinnvollen. Fakt war, dass Gian sich mir nicht öffnen wollte und ich ihn
nicht dazu zwingen konnte… Und da ich nicht weiter emotional von ihm abhängig
sein wollte, blieb mir nichts anderes als mich auf die Suche nach meinem
eigenen Weg zu machen…
Daniela Schwendner, danke fürs Korrekturlesen!
36
- Emma has had enough
I had waited long enough for Gian taking time for me and
Lena... always in vain! If
only he would say, that we did not interest him, then I could
have steered my life in another direction already a long time ago...
Or was it exactly what he intended to prevent and therefore
put me off till later again and again?
Did he lie to me
because he was afraid of the consequences I could draw from the truth? -
Actually, I no longer cared if he did it out of ignorance
or willfully, but
what I most urgently needed to do,
was to free myself from this addiction!
All my words and
letters to Gian didn’t change anything at all, in the contrary; they made it worse for me because they were not even
replied! The load was still on me and threatened to
crash me literally... Life seemed meaningless
and hopeless to me and before I
would bury myself into my isolation and
give up, I once again had to try just everything - even things I would not
do under 'normal' circumstances... I had had totally
enough of focusing on a man who didn’t share anything with me! – What the hell gave me the idea to reduce my
life to Gian? – Was it for fear to
lose what I not even had?
Will is an
obsession and often makes us
see nothing but what
we target... I realized that the more I longed for Gian's love, the more
disappointed I was if he did not give it to me. And
the more unattainable my goal
(a healthy partnership) seemed to me, the more I longed for it... - Are we achieving too much, or in other words: Do
we take the ability of getting our way for granted? Was that the reason
why I struggled with respecting the limits
of my willpower? - Whether I understood or
not, it was high time I installed other software!
After my experiences with lack of understanding and rejection by Gian, it
took some effort to open to others. But I soon discovered that many people enjoyed
being with me and that my thoughts were declared brilliant and not dismissed as
figments of imagination! This increased my spirits more and more... I also
started to talk about my problems with Gian and they became smaller and smaller
until they were no longer determining my life. Only when I began to let go and
permitted a life outside of the partnership I had focused on, my pain and my
longing vanished... Suddenly I looked upon everything with distance and from
outside - this was a significantly different perspective than when feeling like
a helpless victim! Mentally I had made this step already umpteen times and now
I had finally made it in reality: The Spotlight, which too long had thrown all
his light on a dead partnership, now was directed onto the vibrant life...
Now Gian could treat me as badly as he wanted - I no longer related his actions to my person, but regarded them as his inability... I no longer made it my problem if he could not admit mistakes and dismissively portrayed me as a typical teacher who always wants to be right, only to distract from his person and having not to change anything... When he ignored me without so much as looking at me, I was able to take it easy, but when I had to watch how exaggeratedly he paid attention to others, it nevertheless hurt! Instead of letting my pain making me numb, I shook it off and let neither self-pity nor compassion arise... I consciously took my heart back, which was neither appreciated nor treated gently by him, and thus evaded dependency... My energy stayed within me and began to flow again... I was centered and noticed with horror that I had almost ruined myself just to be able to endure such a life! Now I definitely had had enough of competing for attention and being treated as nothing!
And yet I pitied
him ever again because he could neither communicate nor express himself,
until I bitterly recognized that he
could have conversations with many others...
I got particularly angry by his macho
behaviour: If a man said something that I had said already years before,
then suddenly it was a good idea and true - no
longer a figment of my imagination! Gian
was a patriarch, because in his eyes the opinion of women and children
were worth nothing and he even
boasted saying three
words only when having lunch with his mother: Hi - good
(answer to the question how the food was) – bye... I shuddered at the thought, but it dawned on me more and more that it ran in exactly the
same direction, for if I did not seek
a conversation, there was none at
all...
Were my expectations
holding me back? Or my ambivalence, that made me understand and accept things which didn’t do me good?
- However, I
suffered and therefore
I had to change something! I was aware of what was
my biggest handicap, and consequently I was able to approach it:
I was reluctant to have to act differently than I actually
was... and I had to learn to put
myself in first place!
Fortunately there was something inside of me which urged not to give
up, even though death often
appeared as the only
(re-)solution... I had to get up on my feet once more and give it a try, especially because after
all I lived in a time when
there were many more opportunities than 50
years ago, when emancipation just started to free from patriarchal power... Today it was almost
impossible to simply deport a
person in a madhouse and equal rights
for all was already in the minds, even if not necessarily
lived yet... I had to let go of the past
(which often appeared difficult because it caught up on me again and again) and
focus on my future.
Nevertheless, I never considered anything futile
or a waste of time, because I had learned a lot! In addition, I always had the choice
to decide and did so within my bounds of possibility and sense. The fact was that
Gian did not want to open himself towards me and I could not force him... And
since I did not want to depend on him emotionally any longer, there was nothing
but to begin the search for my own way...
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen