20 – Emmas Erwartungen
Ich stellte eigentlich immer hohe Ansprüche an mich selber, an das Leben
überhaupt und auch an andere… für mich waren diese völlig normal, denn ich kannte
vorerst gar nichts anderes. Erst mit der Zeit als ich mehr und mehr Menschen
und ihre Eigenarten kennen lernte und diese mit mir verglich, erkannte ich,
dass meine Erwartungen eher hoch als normal waren…
So war es für mich immer selbstverständlich alles zuerst kritisch zu
hinterfragen und zu verstehen bevor ich es akzeptiere. Erst als ich Menschen
kennen lernte, die alles, was andere sagen oder von den Medien verbreitet wird,
glaubten und 1:1 übernahmen, wurde mir bewusst, dass es noch etwas anderes als
mein Denken gab… und dass für jene ihr Denken die Norm darstellte! So haben wir
alle nur die Kapazität unseres eigenen Kopfes und unsere Erfahrungen zum Denken
zur Verfügung bis wir sie erweitern.
Um meine Sicht erweitern zu können bin ich auf klärende Gespräche und
konstruktive Diskussionen angewiesen… so erwartete ich auch, dass man mit
andern ein ehrliches Gespräch haben kann und war immer wieder fassungslos wenn
jemand einen ohne Wimpernzucken ins Gesicht lügen konnte! Weshalb will jemand
die Wahrheit vertuschen und verkauft andere damit für dumm? Das geht nie auf,
denn irgendeinmal kommt die Wahrheit ans Licht und schafft Klarheit indem sie
die Dinge wieder dorthin zurücksetzt, wohin sie gehören… Es ist wie in einem
Leiter(li)spiel: Viel Zeit und Energie wird verschwendet bis man wieder auf dem
richtigen Weg ist!
Für mich persönlich ist es immer wieder eine grosse Enttäuschung, wenn
ich eine respektierte Person beim Lügen ertappe… dann möchte ich es wie nicht
wahrhaben… Vielleicht weil ich mein Bild über diese Person nicht ändern möchte?
Dann suche ich nach Entschuldigungen und versuche die Ursachen zu verstehen,
die einen Menschen dazu bewegt die Realität mit einer eigenen Wahrheit zu
interpretieren, die vorsätzlich nur gewisse Punkte berücksichtigt, andere aber
bewusst weglässt...
Alles, was ich von andern erwartete, war ich auch bereit selber zu
erfüllen und daran zu arbeiten diese Ziele zu erreichen... Ich wollte ein aufrichtiger
Mensch sein und dachte, andere wollten das auch… aber es zeigte sich schon
bald, dass sich die Auffassungen, was aufrichtig ist, drastisch unterschieden!
Waren meine Ansprüche zu hoch oder gar abwegig? Hatte ich falsche Schlüsse
gezogen und war somit auf dem Holzweg mit meinen Schlussfolgerungen? Oder sind
es am Schluss nur die einsuggerierten Werte von gut und schlecht, die die
Menschen an solche Normen orientieren lässt? Haben wir denn vergessen, dass
‘schlecht‘ in ‘gut‘ enden kann, wenn wir dazu bereit sind ein Problem anzupacken?
So war ich bereit bedingungslose Liebe und Glauben aufzubringen und erwartete
dies jedoch im Gegenzug von meinen Mitmenschen… Ich glaubte an die Bereicherung
aus gegenseitiger Energie und Kraft, an ein echtes Feedback, woran ich mich
richten konnte! Erst viele bittere Enttäuschungen liessen mich über meine Erwartungshaltung
nachdenken… Weshalb haben andere diese (hohen) Ansprüche nicht? Woher kommt die
Erwartungshaltung? Ist sie ein innerer Drang, der (Grund-) Bedürfnisse abdecken
will? Oder sind es übermittelte Werte unserer Gesellschaft und Erzieher, die
durch Konditionierung von Generation auf Generation eingebrannt werden? Wer
bestimmt überhaupt, was wir erwarten dürfen?
Zum Beispiel setzt
der Spruch ‚Wer A sagt, muss auch B sagen‘ ein Festhalten an Altes voraus - ein
Versprechen für immer und ewig – und lässt damit keine Weiterentwicklung zu! Kritik
wird oft als Vorwurf deklariert und ist so unanfechtbar? Dabei, was gesagt und
getan ist, ist gesagt und getan – aus welchem Grund auch immer! Und alles was
wir tun, wird bemerkt – nicht nur von uns selber! Und auch wenn niemand darauf
reagiert! Alles was wir tun ist getan, mindestens für uns selbst - was machen wir
daraus? Vertuschen wir es, weil wir bemerken, dass es nicht ganz so toll war,
wie wir erwartet hatten oder setzten wir uns damit auseinander und wollen etwas
daraus lernen? Und weshalb tun wir überhaupt Dinge, wofür wir uns (später)
schämen??? – Vielleicht drückt uns die Gesellschaft doch zu strenge Normen auf
und unser gesunder Menschenverstand wird durch Konditionierung ausradiert?
Wenn wir (uns selber) verzeihen können, dann ist schon mal nicht der
Stempel ‘schlecht‘ aufgedrückt – wenn ein solcher Fehltritt nur einmal vorkommt, werden wir
ihn bald wieder vergessen haben? Vergessen kann ich aber erst, wenn die Wunde
verheilt ist… Eine Wunde kann aber nicht verheilen, wenn sie immer wieder an derselben
Stelle getroffen und aufgerissen wird, so bleibt sie offen, verheilt nur sehr
langsam (wenn überhaupt) und wird als Narbe immer daran erinnern… Vergeben kann
ich hingegen gut, denn ich habe gelernt, dass es notwendig ist mich von Altlasten
zu befreien um mich weiter entwickeln zu können – nur was man loslässt kann
sich entwickeln!
In meiner Beziehung mit Gian war das Fehlen von Kommunikation immer ein
grosses Handicap… Gian konnte oder wollte seine Wünsche und Erwartungen mir gegenüber
nie äussern und schloss mich somit aus. Er schien mich nicht zu beachten, andere aber schon,
das tat unheimlich weh! Obwohl er nichts sagte, schien er mir doch
zuzuhören und zu verstehen… das bemerkte ich vor allem an seinen Reaktionen! Ich
frage mich oft, was wohl aus Gian geworden wäre ohne mich?
Da Gian und ich keine gemeinsamen Pläne hatten, begann ich meine eigenen
zu schmieden, denn ich wollte nicht einfach warten und zuschauen, wie mein
Leben an mir vorübergeht… Ich wollte meine Zeit nicht passiv mit Erwartungen
vertrödeln, die meist eh in Enttäuschungen enden, sondern sie aktiv nutzen und
mich in vielen verschiedenen Gebieten weiterbilden. Und dabei wurde mir etwas bewusst, das sich
später als äusserst entscheidend erwies: Ich begann mein Gegenüber mit
Verständnis und Liebe zu überraschen!
Daniela Schwendner, danke fürs Korrekturlesen!
20 - Emma’s expectations
Actually I always put high demands on myself,
on life in general and on others...
for me this was
completely normal, because at the time being I didn’t
know differently. Only with time when I
learned to know more and more people and their characteristics and compared them
with mine I realized that my expectations were rather higher than normal...
So for me it was always
natural to question critically and to
understand first before I accepted anything. It was only when I met people who believed and took over in its entirety everything that others say or is disseminated by the
media that I realized, that there were horses with other colours... and
that their reasoning represented their standard!
Therefore all of us are limited by the
capacity of our own mind and
we draw conclusions from our experiences… until we expand it.
In order to broaden
my view I depend on clarifying
and constructive discussion... so I expected to have an honest
conversation with others and was stunned whenever someone lied into my face without
the bat of an eyelid! – Why oh why do some people
just do everything
to cover up the truth and hence take others for a fool? This never will work out, eventually the
truth comes to light and establishes clarity by putting
things back to where they belong... It's like a snakes and ladder board game:
In a misstep there is too much time is wasted before getting back on
the right track!
For me personally it's
always a big disappointment when
I catch a respected person in a lie... I just don’t want to believe it...
Maybe because I do not want to change
my impression of this
person? I look for excuses
and try to
understand what causes a person to distort the
truth by intentionally including only certain points and
deliberately omitting others...
I never expect
more from others than I am prepared to
give myself or at least I am willing to try to achieve...
I want to be an honest person and actually thought others
had the same intention... but it soon
became evident that views
of ‘honest’ drastically differed!
Were my ambitions too high or even absurd?
Had I drawn the
wrong conclusions and thus was on
the wrong track? Or is it in the end the interpreted values
of good and bad, which causes people to be guided by such standards and let them forget that 'bad' may
end in 'good' if we are ready to tackle a
problem?
Thus I was ready
for unconditional love and faith but expected the same in return from others... I
believed in the mutual enrichment
of energy and power as well as in
honest feedback, I could rely on! Only after many bitter disappointments I started to think my
expectations over... Why do others not have similar
high standards? Where do expectations come from? Are they an inner urge that wants to cover our (basic) needs?
Or are they values
of our society and educators, that
have evolved and which are burned in by
conditioning from generation to
generation? Anyways, who determines what
can be expected?
For example, the
saying ‘In for a penny, in for a pound' requires an adherence to old -
a promise forever - and consequently doesn’t allow any
evolution! Even criticism is often
declared as a blame and thus indisputable?
And yet, what is
said and done, is said and done - for whatever reason! And
everything we do will be noticed - not only for us by
itself! Even though no one responded! And everything
we do is noticed, at least by ourselves -
but what do we make of it? Do we conceal it, because we realize that it isn’t as great in the eyes of others or do deal with it with the intention to learn from
it? And anyway, why do we do things for which we
are ashamed (later)??? - Maybe society suppresses
us with too rigorous standards and
common sense will be wiped out by conditioning?
If we can forgive
(ourselves), then at least the stamp
'bad' does not stick on us - and if such a misstep occurs
only once, we will have forgotten about it soon... I am able to forget
if the wound has healed: But a wound cannot heal,
if it is poached in
the same place again and again, like this it remains open, heals very
slowly (if at all) and its
scar will remembered of it forever...
However, it is easy for me to forgive, because I learned that
forgiveness is necessary if I am to free
myself and allow myself to develop – only what we let go is able develop!
In my relationship with
Gian the lack of communication was always a severe
handicap... Gian wasn’t able or didn’t want to express his wishes and expectations towards me and therefore
locked me out. He
seemed to ignore me, but gave attention to others, and this hurt terribly!
Although he didn’t say anything, he seemed to listen to me and also understand what I was saying... this I
noticed especially in his reactions! I often wonder what would have become of Gian without me?
As Gian and I didn’t have common plans, I started to forge my own,
simply because I did not want to wait
and watch my life passing by... I didn’t want to waste my time
passively with expectations, which usually end in disappointment anyhow, but use it actively and take up further studies in
many different areas. And there was something else I became
aware of and which later proved to
be very essential: I started to surprise my counterparts with understanding
and love!
Sharon Christie, thanks for helping me not getting lost in translation!